Hi Aqualoki,
niemand kann behaupten, in der Erziehung alles richtig gemacht zu haben. Auch ich habe mit Sicherheit einige Fehler gemacht.
Aber ich wage zu behaupten, dass meine Kinder, auch wenn wir nicht im Wohlstand leben und sie bei Weitem nicht alles bekommen was sie gerne hätten, niemals einem Klassenkameraden irgendwas stehlen würden. Keinen Stift und ganz sicher auch niemals irgendwelche teuren Sachen.
Bei allem Neid der vielleicht vorherrscht... meine Jungs respektieren anderer Gefühle und Eigentum.
Mein Großer hat sich vergangene Woche auf dem Schulhof in einen Streit eingemischt, bei dem einer seiner Freunde aus der Paralellklasse, der eh schon ständig von seinen Klassenkameraden gegängelt und gemoppt wird Er lag bereits auf dem Boden und wurde weiter verdroschen und auf ihn eingetreten. 10 gegen Einen. Kanns das denn sein?
Mein Sohn kam mit Prellungen am ganzen Körper und aufgeplatzter Lippe nach Hause. Wir waren beim Arzt, haben die Verletzungen bildlich festgehalten... Anzeige läuft.
Der Freund ist ein regelrechtes Mobbingopfer und muss sich ständig gegen seine komplette Klasse auflehnen. Die Lehrer sind entweder machtlos oder ignorieren es.
Mein Sohn kam schon vor längerer Zeit zu mir und hat mich gefragt, was er denn tun solle. Ihm tut sein Freund furchtbar leid, aber er traut sich eben auch selber nicht so richtig, da irgendwas zu tun. Ich sagte ihm nur: "Wenn Du ein wahrer Freund bist, dann schaust Du nicht zu, sondern unternimmst was. Es sollte doch eine Aufsicht geben um Schulhof." Damit wollte ich ihm eigentlich sagen, dass er sich nicht einmischen soll, sondern Hilfe holen soll. Er hat meine Worte wohl ein wenig falsch gedeutet. 
Gut, aber er hat beherzigt was ich ihm gesagt habe, hat sich eingemischt, aber eigentlich nur vom Rand aus gesagt: "Hey, lasst bitte (!!!) den Julian in Ruhe! Er ist mein Freund und ihr tut ihm weh. Das will ich nicht." Tja, und schon war er mitten im Handgemenge.
Auch wenn ich ein Einmischen in dieser Situation auf diese Art eine verkehrte Aktion fand... ich nenne es Zivilcourage... und das ist es, was ich meinen Jungs schon von klein auf beigebracht habe. Hilfe holen statt wegzuschauen.
Julian ist schon auch ein etwas schwieriges Kind... ich kenne ihn persönlich.
Er ist hyperaktiv (aber nicht aggressiv), ein leidendes Scheidungskind, hat nur sehr wenige Freunde, hat ne schreckliche Brille (der Arme), redet wie ein Wasserfall und findet kein Ende, ist ein wenig extrovertiert... aber im Grunde genommen ist Julian stets sehr nett, hilfsbereit, zuvorkommend, freundlich und ...... wenn er mit meinem Sohn zusammen ist, auch ein fröhliches Kind. 
Wahrscheinlich ist gerade sein "Anderssein" der Grund dafür, dass er aus der Klassengemeinschaft ausgeschlossen wird. Trotz allem rechtfertigt ein "Anderssein" nicht solch eine rohe Gewalt. Julian wird ständig geschlagen in der Schule. Zum Sportunterricht traut er sich schon nicht mehr, weil er da in der Umkleide IMMER mindestens eine abgeräumt bekommt. An seinem Geburtstag wurde er dort von seinen Klassenkameraden dermaßen zusammengeschlagen, dass er den Nachmittag beim Arzt verbracht hat. Nun schwänzt er den Sportunterricht.
Es macht mir angst!!!
Mein Sohn sagt: "Julian ist wie er ist, und ich finde ihn gut so. Er nimmt mich ja auch so wie ich bin und meckert nicht rum."
Julians Eltern nehmen das alles scheinbar nicht so ernst... Pubertät halt... wie viele andere auch denken. Dann kommt hinzu, dass sich keines von beiden Elternteilen wirklich für das Kind zuständig fühlt. Der Junge zieht ständig von einem zum anderen und hat sein "Nest" noch nicht gefunden. Es baut ihm aber auch weder die Mutter noch der Vater eines. 
Was tun?
Da ich sehe, dass mein Sohn sehr unter der Situation leidet, dass es seinem Freund so übel geht, habe ich nun mal mit der Schulleitung gesprochen und angefragt, ob denn für Julian nicht ein Klassenwechsel möglich wäre. In der Klasse meines Sohnes hätte er wenigstens mal 3 Freunde.
Antwort: "Das geht nur, wenn ein Schüler aus der Klasse Ihres Sohnes dann in die andere wechseln würde."
Aber da findet sich selbstverständlich niemand, denn die andere Klasse hat den Namen "Aggro-Klasse" weg... Schlägereien, Pöbeleien, Stehlereien und und und sind da Tagesordnung.
Was mich am meisten von allem ärgert, und was ich diese Woche bei der Schulleitung auch noch einmal ansprechen werde... HEUTE kommt ein "NEUER" in die Klasse meines Sohnes... und leider nicht Julian. :°( - Wieso war dann für Julian ein Wechsel nicht möglich, wenn die Möglichkeit besteht, einen neuen Schüler aufzunehmen??? Ich war total platt, als mir mein Lütte das am Freitag erzählt hat.
Nun, vielleicht bin ich einfach zu sozial eingestellt... vielleicht ist es Julians Eltern wirklich vollkommen egal, was mit ihrem Kind passiert?!
Ich möchte doch keinem das Zepter aus der Hand nehmen. Eigentlich wäre das Gespräch mit der Schulleitung nicht meine Sache gewesen, sondern die der Eltern. Aber wenn sich doch niemand für diesen Jungen einsetzt???? Naja, ich hatte ja eh keinen Erfolg.
Ich möchte nicht, dass die Bedenken meines Sohnes irgendwann Wirklichkeit werden: "Irgendwann wirft der sich vor den Zug!!!" :°(
Laut Daniels Aussage hat Julian das oder Ähnliches nie in irgend einer Weise erwähnt (da hab ich schon gründlich nachgehakt) , aber Daniel merkt eben, dass langsam die Kräfte ausgehen.
Das Gespräch mit Julians Eltern hab ich auch schon gesucht, aber die sind viel zu beschäftigt mit ihren familiären Streitigkeiten um irgendwelche Konsumgüter, die noch verteilt werden müssen... keine Chance... ich komm da nicht ran.
Habt Ihr eine Idee, was ich noch tun könnte? Das Jugendamt ist das Letzte, was ich Julian und seiner Familie antun möchte. Außerdem ist ja auch nicht dieser Junge der Übeltäter. Wieso sollte man ihn dann noch mehr bestrafen?
Ich hab keinen Plan B *heuuuuuuuuuuul* , aber ich hab richtig richtig richtig Angst, dass der Junge sich irgendwann was antut, weil er keinen anderen Ausweg mehr sieht.